Per Pedal zur Poesie 45 Radweg 07 · Länge: 52,5 km Von Lörrach aus, wo Johann Peter Hebels Spuren allerorten lesbar sind, durchquert der Radweg eine Landschaft, in der die Rezeption der Literatur weit über die Lektüre von Texten hinausgeht und zudem geopolitische, religiöse und soziale Grenzen überschreitet. So passiert er unterhalb der Ruine des Röttler Schlosses – für Hebel Symbol der Vergänglichkeit alles Seienden – zunächst den Schauplatz eines Ro- mans, der einen Ministerpräsidenten zum Rücktritt zwang. Flussaufwärts durch das Wiesental führt die Tour in den Heimatort des alemanni- schen Dichters, dessen Gedichte und Kalendergeschichten bis heute beim jährlichen Hebelfest lebendig werden. Von dort gelangt man über Dossenbach, wo Emma und Georg Herwegh 1848 für die Revolution kämpften, nach Bad Säckingen. Hier ließ ein Erfolgsbuch Joseph Victor von Scheffels u. a. eine Oper und eine der weltweit größten Trompeten- sammlungen entstehen. Orte: Lör- rach, Hauingen, Brombach, Schopf- heim, Hausen i. W., Dossenbach, Bad Säckingen Radweg 08 · Länge: 40,7 km Von Nürtingen aus, wo Friedrich Hölderlin oft Zuflucht fand, nach- dem er der »Galeere der Theolo- gie« entflohen war und Dichter zu sein versuchte, führt der Weg sanft über die Filderebene ins ehemali- ge Kloster Denkendorf, wo er seine Ausbildung zum Theologen begann. Mit einem Seitenblick auf die Ge- schichte des Pietismus berührt die Tour zahlreiche Pfarrhäuser, in de- nen sich dieser württembergische Bildungsweg oftmals mit literari- scher Produktivität verband. Tief im Wald wird dann ein Hauptort einer wichtigen schwäbischen Sage pas- siert: der Ulrichstein, der neben Hölderlin von Wilhelm Hauff, Gustav Schwab und Peter Härtling bedichtet wurde. Immer wieder eröffnen sich auch faszinierende Ausblicke auf die Schwäbische Alb, die »wundersame blaue Mauer« (Eduard Mörike), und auf den Neckar. Zurück in Nürtingen zeigt sich, dass die Gegend noch im 20. Jahrhundert nicht nur eine schwärmerische Feier der Landschaft herausforderte, sondern – etwa für Nicolas Born – auch ein Raum der Un- behaustheit und des Dazwischen war. Orte: Nürtingen, Grötzingen, Wolf- schlugen, Denkendorf, Köngen, Hardt, Oberensingen, Nürtingen Radweg 09 · Länge: 60,4 km Von Kirchheim aus, dem Geburts- ort des Dichter-Ingenieurs Max Eyth, der Technik und Literatur fortschrittsgläubig verband, führt die Tour rund um den schon von Friedrich Hölderlin bedichteten Ke- gelberg der Teck, berührt zunächst Owen, wo der ›Bauernkriegs-Zim- mermann‹ wirkte, dessen eman- zipatorisches Geschichtsbild unter anderen Rosa Luxemburg beein- flusste, und führt dann auf die Hoch- ebene der Schwäbischen Alb. Dort, im abgelegenen Ochsenwang, hat Eduard Mörike mit dem ›Maler Nol- ten‹ seine erste eigenständige Ver- öffentlichung zum Druck gebracht. Auf der Abfahrt nach Weilheim, wo Mörike ebenfalls Vikar war und eine Verlobung auflöste, eröffnen sich faszinierende Ausblicke auf dieses welthaltige Stück Provinz. Vor der Rückkunft in Kirchheim erreicht die Tour zuletzt Bad Boll, das »schwä- Anzeige Museum Hölderlinturm Tübingen Dichterwohnhaus, Literaturmuseum, Schreibwerkstatt und Ausgangspunkt für Lesungen und die poetische Bildung: Der Tübinger Hölderlinturm ist ein Ort, der zur Auseinandersetzung mit Literatur einlädt. In diesem Turm am Neckar hat der Dichter Friedrich Hölderlin (1770-1843) die zweite Hälfte seines Lebens verbracht. Die Ausstellung im 2020 neu eingerichteten Museum macht Hölderlins Umgang mit Sprache und Rhythmus sinnlich erfahrbar und eröffnet einen intuitiven Zugang zu seinem komplexen Werk. Öffnungszeiten: Mo, Mi, Do, Fr, Sa, So 11-17 Uhr, Di u. Mi geschlossen www.hoelderlinturm.de